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Der Amateur- und Breitensport

Sportförderung der DDR in Kindergarten und Schule

Der Breiten- und Amateursport in der DDR besaß eine besondere Rolle innerhalb der Gesellschaft, aber auch für den Staat. Alle Altersgruppen der Gesellschaft in der DDR sollten zum Sport animiert werden, auch durch die Beeinflussung des Staates und Äußerungen verschiedener hochrangiger Politiker [1], wie durch das Zitat des ehemaligen SED-Vorsitzenden Ulbrichts: „Jedermann an jedem Ort, einmal in der Woche Sport"[2.], deutlich wird. Die Ausübung von Sport stellte also gewisse Grundvoraussetzung dar.

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Durch den Sport profilierte sich der Staat, sodass die Sportförderung bereits im Kindesalter begann und der tägliche Sportunterricht schon im Kindergarten auf der Tagessordnung stand. Dadurch konnte eine gewisse Grundkondition und Fitness der Kinder frühzeitig erarbeitet werden, um diese möglichst gesund zu erziehen. Dabei sollte eine gesunde Lebensweise durch den Sport vermittelt werden.[3] Die weitere Förderung der Kinder durch den Schulsport stellte weiterhin ein wesentliches Merkmal damaliger Schulen in der DDR dar. So war die Ausübung des Sportes immer von Erwartungshaltungen geprägt und Leistungen mussten erbracht werden, so Frank Cartarius. Die Sportförderung war darauf ausgelegt frühzeitig Talente für den Sport zu sichten und diese auf sogenannte Kinder- und Jugendsportschulen (KJS) zu schicken, um möglichst viele Erfolge zu erzielen. Im Vordergrund stand also immer die Leistung, sodass die Förderung durch Lehrer einen enormen Teil der Kinder und Jugendsportförderung darstellte. Der Sportunterricht, der mehrmals in der Woche stattfand, enthielt ebenso in besonderem Maß einen Wettkampf. Auch durch den Ansporn der Lehrer wurde versucht die Stärken der Schüler zu fördern und diese für einen möglichen Leistungssport bzw. den Wehrdienst zu gewinnen, wie Frank Cartarius weiß.[4]

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Dieses Sportssystem war bestimmt durch Leistung in allen Disziplinen, um die talentiertesten und besten Schüler zu finden und diese entsprechend fördern zu können. So sei nach Ronald Maul, welcher durch seinen Bruder zum Sport gekommen war[5] dieses Sportssystem ein hervorragendes Fördersystem für den Leistungssport gewesen. Denn nur so sei es möglich gewesen, hochgesteckte Ziele zu erreichen und erfolgreich im Leistungssport zu sein. Auch durch den Besuch der sogenannten Kinder- und Jugendsportschulen (KJS) konnten die Talente gefördert werden. Demnach besaß der Amateur- und Breitensport lediglich eine untergeordnete Rolle, sodass dieser nur als Sprungbrett diente, um für den Leistungssport entdeckt zu werden.

​So könne nach Ronald Maul der Amateursport ähnlich wie heute auch nicht mit dem Leistungssport verglichen werden, da der Leistungssport eine separate Rolle gespielt habe. Der Fokus habe laut Ronald Maul auf dem Leistungssport und dessen internationalen sportlichen Erfolgen gelegen.[6]

Interviewausschnitt R. Maul
00:00 / 01:07

Auch Alexander Ukrow, welcher aus einer Sportlerfamilie kommt, erwähnt, der hohe Stellenwert des Sportes in der DDR habe die intensive Sportförderung erst möglich gemacht und gerade die Förderung des Leistungssportes. Der Amateursport besaß demzufolge im Lebenslauf Ukrows einen geringeren Stellenwert. Er war nämlich durch die Leistungsförderung seines Vaters, der Fußballtrainer in der DDR war, bereits im Kindesalter von 6 Jahren zum Leistungssport gekommen.[7]

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Aus diesen Interviewausschnitten und den weiteren Erkenntnissen[9] lässt sich schließen, dass die Förderung des Breitensportes ähnlich aufgebaut war wie der Leistungssport und der Wettkampfgedanke schon in der Kinder- und Jugendförderung eine zentrale Rolle gespielt hat. Nicht nur um potenzielle Leistungssportler zu sichten, sondern auch um die Willenskraft der Schüler hervorzuheben und den Leistungsgedanken fest in jedem Schüler zu verankern.

Gegenüberstellung der Strukturen von DDR und BRD in Bezug auf den Breiten-  und Amateursport

Die Sportsysteme der DDR und BRD erscheinen nicht nur auf den ersten Blick in Bezug auf den Amateur- und Breitensport sehr unterschiedlich, sondern waren es auch, denn im direkten Vergleich ergeben sich bereits bei den Grundsätzen der sportlichen Systeme des Amateursports Unterschiede. Während die DDR den Sport als ,,Mittel zum Zweck" betrachtete, sah die BRD den Sport zuerst einmal als Freude an der Bewegung für die Menschen an. Es lassen sich durchaus Gemeinsamkeiten, aber auch viele Unterschiede in den Vergleichskriterien der Förderung des Breitensport und der jeweiligen Leitung, sowie weiteren Kriterien erkennen.

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In der Förderung und Leitung unterschieden sich beide Systeme deutlich, da das Sportfördersystem der DDR vom Staat aufgebaut wurde und gefördert wurde, sodass der Erfolg durch Sportler aus der DDR an erster Stelle stand, um den Staat zu repräsentieren[8]. Den Amateursport kann man also für die DDR als weniger bedeutend einstufen im Vergleich zum Amateursport in der BRD. Besonders der Aufbau beider Systeme war sehr unterschiedlich. Während das Sportsystem der DDR vom Staat aufgebaut worden war und sich auf den Leistungssport fokussierte[9], war das Sportssystem der BRD vor allem durch private Sportvereine aufgebaut worden, die sich aus Spaß am Sport und einem Gemeinschaftsgefühl entwickelt hatten. Die Freude an der Bewegung stand hinter dem Ziel, besondere Erfolge z.B. in Form von Medaillen zu erzielen. Auch Ulrike Künker, welche Handball im Team des TSG Dissen/Bockhorst spielte, bestätigte uns, dass der Spaß an der Bewegung und der Zusammenhalt des Teams bei ihr vor den sportlichen Erfolgen standen, auch wenn  der Ehrgeiz in die Bezirksliga aufzusteigen den Zusammenhalt des Teams weiter gestärkt habe.10]

Interviewausschnitt U. Künker
00:00 / 00:24

In der DDR war der Breitensport allerdings anders geprägt wie Frank Cartarius berichtet, habe sowohl die Förderung im Schulsport als auch der Sport in verschiedenen Vereinen, die dem Staat untergestellt waren, immer zum Ziel gehabt neue Talente für den Leistungssport zu entdecken. Frank Cartarius, welcher von 1984 bis 1987 Mitglied in der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) in der Sektion Sportschießen war[11], erzählte uns, dass die Ambition und die Freude am Sportschießen für ihn an erster Stelle gestanden habe. Doch Trainer hätten ihn darauf aufmerksam gemacht, dass das Sportschießen und sportliche Erfolge auf eine mögliche Beteiligung am Wehrdienst hinwiesen würden. Dies veranlasste ihn dazu, aus dem Verband auszutreten und durch einen Freund hatte er den Motorsport für sich entdeckt, sodass er 1988 dem allgemeinen Motorsportverband beitrat.

                     F.Cartarius Ausschnitt und Zusatzinformationen Sportschießen               F.Cartarius Ausschnitt und Zusatzinformationen Motorsport

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Pass der Gesellschaft für Sport und Technik: Sektion Sportschießen:[12]

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Pass des Allgemeinen Motorsport- Verbands der DDR:[12]

Die Zeit nach der Wiedervereinigung, in der Amateursportler aus der ehemaligen DDR gemeinsam mit sportbegeisterten Menschen aus der BRD Sport treiben hätten können, nahmen sowohl Ulrike Künker, als auch Frank Cartarius ähnlich wahr, denn bezogen auf den Mannschaftssport blieben alle Mannschaften ehr in ihren eigenen Reihen. Ulrike Künker[13] erzählte vor diesem Hintergrund, dass ein Zusammentreffen mit Handballerinnen aus der Partnerstadt ihres Teams keinen wirklichen Austausch erzielte, da alle in ihren eigenen Mannschaften geblieben seien und auch durch unterschiedliche Verhältnisse im Aufbau des Sportes bereits in der Kindheit geprägt gewesen seien. Dennoch habe der Sport ein Mittel der Verbundenheit dargestellt, sodass man abgesehen von der Gruppenbildung von einer gelungen Einheit sprechen könne.

Interviewausschnitt U. Künker
00:00 / 00:44

Abschließend lässt sich sagen, dass der Breitensport in der DDR lediglich als Sprungbrett für den Leistungssport diente, in der BRD hingegen stand der Spaß an der Bewegung und das Gemeinschaftsgefühl in Mannschaftssportarten im Vordergrund und jeder Sportinteressierte konnte frei wählen, welche Sportart er ausüben wollte. Auch nach der Wiedervereinigung hat der Sport eine Verbindung zwischen den Menschen aus BRD und der DDR dargestellt, sodass in Bezug auf die zentrale Frage der Einheit für den Amateursport von einer gelungenen Einheit gesprochen werden kann, allerdings ist dies auch abhängig von individuellen Schicksalen der Amateursportler.

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[1]Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir das generische Maskulinum

[2]https://www.zeitklicks.de/ddr/zeitklicks/zeit/alltag/freizeit/es-lebe-der-sport-1/#:~:text=Ulbricht%20hatte%20schon%201959%20die,wurde%20f%C3%BCr%20jedes%20Lebensalter%20gef%C3%B6rdert; letzter Abruf 07.02.2021

[3] https://www.ddr-museum-muehltroff.de/ddr-geschichte-sport.html;letzter Abruf 07.02.2021

[4]Interview Frank Cartarius 08.01.2021

[5]Interview Ronald Maul;18.12.2020

[6]Zusatzinformationen; Ronald Maul 19.01.2021

[7] Interview Alexander Ukrow;04.01.2021

[8] https://www.ddr-museum-muehltroff.de/ddr-geschichte-sport.html;letzter Abruf 07.02.2021

[9] https://www.ddr-museum-muehltroff.de/ddr-geschichte-sport.html; letzter Aufruf 07.02.2021

[10] Interview Ulrike Künker; 12.02.2021

[11] Interview Frank Cartarius; 08.01.2021

[12] Mitgliederausweise Frank Catarius

[13]Interview Ulrike Künker;12.02.2021

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